AUSBILDUNG

Benzin im Blut: der Kfz-Mechatroniker

 

Der Auszubildende Simon Liegl vom bayerischen Autohaus Gramsamer macht einen Reifenwechsel in der Werkstatt. (Foto: DW/Gerhard Brack)

Schweißen, schrauben und das Auto auf Hochglanz polieren: Für viele junge Männer in Deutschland gibt es keinen schöneren Beruf als den des Kfz-Mechatronikers. Doch die Ausbildung ist heute anspruchsvoller als früher.

 

 

Das Autohaus Gramsauer liegt etwa 25 Kilometer östlich von München im Erdinger Moos. Idyllisch umgeben von Wiesen und Feldern liegt die moderne Werkstatt mit Tankstelle und Verkaufsgebäude am Rand des kleinen Ortes Neufinsing. Geschäftsinhaber Manfred Leonhard Gramsamer beschäftigt knapp 20 Mitarbeiter, darunter sechs Auszubildende. Nachwuchsprobleme hat er nicht, denn noch immer gehört der Beruf des Kfz-Mechatronikers zu den Traumberufen junger Männer in Deutschland.

 

Rund 19.000 junge Leute entscheiden sich jedes Jahr für eine Ausbildung. Manfred Leonhard Gramsamer könnte seine Lehrlinge also unter den besten Schülern auswählen. Doch er setzt andere Prioritäten. „Wer bei mir anfängt, muss keine guten Noten vorlegen, aber er sollte begeisterungsfähig und neugierig sein.“ Genommen wird nur, wer vorher ein Praktikum im Betrieb absolviert und dabei beweist, dass er den Beruf des Kfz-Mechatronikers wirklich erlernen möchte.

 

Gute Chancen für den Mann aus der Karibik

 

Manfred Leonhard Gramsamer steht mit seinem Azubi Will de Siena in der Halle des Autohauses Gramsauer (Foto: DW/Gerhard Brack)

Hauptsache motivert: Will de Siena (r.) hat auch ohne Deutschkenntnisse eine Lehrstelle bei Manfred Leonhard Gramsamer bekommen

 

Der 29-jährige Will de Siena aus der Dominikanischen Republik hat das getan. Er kam vor zwei Jahren ohne Deutschkenntnisse ins Autohaus Gramsamer. Er wolle „eine Schraube“ werden, sagte der Lateinamerikaner damals zum Betriebschef. Der verstand richtig: Er wollte “ein Schrauber” werden, also ein Auto-Mechaniker, genauer eben: ein Kfz-Mechatroniker. Gramsamer gab dem jungen Lateinamerikaner eine Chance – und hat es nie bereut, sagt er. Wenn Will fertig ist mit der Ausbildung, soll er Werkstattleiter werden.

Je nachdem, wie weit sich die Azubis nach ihrer Lehre fortbilden, Prüfungen bestehen und weiter spezialisieren, etwa auf Lastkraftwagen, Motorräder, Karosserie, Hochvoltaik oder Bordelektronik, könnten sie später „richtig Geld verdienen“, so Gramsamer, bis zu 5000 Euro im Monat. Fleiß, Pünktlichkeit und Freundlichkeit seien allerdings die Voraussetzung.

 

Mehr als schrauben und schweißen

 

Und auch von Technik und Computern sollten die Auszubildenden etwas verstehen. Denn nur mechanische Arbeiten durchzuführen, also etwa einen Auspuff schweißen oder neue Ersatzteile drehen und fräßen, das alleine reicht heute nicht mehr. Die Lehrlinge müssen auch die Elektrik des Autos kennen, reparieren können, mit dem Computer informationstechnische Signale verarbeiten und fähig sein, damit die elektronischen Bauteile zu überprüfen und zu ersetzen. So entschloss man sich bereits vor 13 Jahren, den Ausbildungsberuf zu reformieren und die beiden getrennten Ausbildungsberufe des Kfz-Mechanikers und Kfz-Elektronikers zusammenzuführen zum Kraftfahrzeug-Mechatroniker.

 

Kfz-Meister Alexander Brychcy vom Autohaus Gramsamer (Foto: DW/Gerhard Brack)

Begeistert von seinem Job: Kfz-Meister Alexander Brychcy

 

Dass der Beruf immer komplizierter wird und man nie auslernt, bestätigt Werkstattleiter Alexander Brychcy. Er prüft gerade einen alten Bootsmotor, der noch ohne Hilfe von Computer-Geräten repariert werden muss. Er lässt ihn hochtourig laufen, dass die Abgase in dichten Schwaden durch die Werkstatt ziehen. „Da kommt noch jede Menge Dreck raus. Ein richtiger Kfz-Mechaniker hat Benzin im Blut, der mag das“, lacht er.

 

Werkstatt und Schule im Wechsel

 

Unter der Hebebühne nimmt inzwischen Simon Liegl einen Ölwechsel vor. Der 20-Jährige hat seine Schulzeit nach der 10. Klasse beendet und ist froh, jetzt auf die Berufsschule gehen zu können. Denn das ist fester Bestandteil des weltweit fast einzigartigen deutschen dualen Ausbildungssystems. Im Wechsel arbeitet er erst sechs Wochen in der Werkstatt und lernt dann zwei Wochen die theoretischen Grundlagen in der Berufsschule. Seine Zwischenprüfung hat er schon gut hinter sich gebracht.

 

Kfz-Meister Alexander Brychcy steht mit Azubi Simon Liegli vor dem Computer der Werkstatt des bayerischen Autohauses Gramsamer (Foto: DW/Gerhard Brack)

Azubi Simon Liegl weiß: Ohne Computer geht auch in der Werkstatt nichts mehr

 

„In der Schule lernst du alles, was du in der Werkstatt nicht lernst“, erzählt er, „also zum Beispiel, wie das Getriebe funktioniert oder der Gangwechsel oder die Motorkühlung.“ Dreieinhalb Jahre dauert die Ausbildung, derzeit bekommt er 750 Euro im Monat. Nach seiner Gesellenprüfung will er sich unbedingt weiter fortbilden, zum Beispiel auf der Meisterschule. Vorerst aber ist er froh, in der Werkstatt zu arbeiten. Denn hier, sagt er, lernt man noch alles von Grund auf. Dann schaut er auf seine ölverschmierten Hände und meint: „Wir haben eine gute Handwaschpaste, da bekommt man jeden Dreck wieder weg.“

 

Quelle: http://www.dw.com/de/benzin-im-blut-der-kfz-mechatroniker/a-17934512